Kaum ein anderer Begriff ist mit so vielen und zumeist falschen Assoziationen verbunden wie dieses Wort. Schon als Kinder verknüpfen wir damit die «böse Hexe» aus dem Märchen. Im Geschichtsunterricht lernen wir dann etwas über Hexenverfolgung und Verbrennung im Mittelalter. Wir denken an Verwünschungen, an Flüche und an Satanskulte. In unserer Vorstellung ist die Hexe ein hutzeliges altes Weib mit Buckel, Warzen und einer schwarzen Katze. Wir sehen klischeehaft wilde, rothaarige Frauen, die auf Besen fliegen und in brodelnden Kesseln rühren. Und das Wort «Hexe» wird in der Umgangssprache zumeist als Schimpfwort verwendet.
HEXE stammt vom althochdeutschen Wort «HAGAZUSSA» ab, was soviel bedeutet wie: «Zaunreiterin». (Die Silbe «HAG» findet sich auch in der HAGebutte wieder, der Frucht der HECKENrose) Aber was macht denn die Hexe in der Hecke?
Die Hecke ist eine Abtrennung zwischen zwei Grundstücken. Und unsere mittelalterlichen Vorfahren hatten die Vorstellung, dass auch das «Diesseits» vom «Jenseits» durch eine Hecke getrennt ist. Aus dem Jenseits kommt, so die Vorstellung, das «höhere» Wissen. Wissen, das nicht jedem zugänglich war: das Wissen über die Natur, Kräuter und Naturheilkunde, über den Lauf der Gestirne, über das Wetter u.s.w. So ist eine Hexe ein Wesen, das über den «Zaun» reitet, eben in beiden Welten zu hause ist. Sie half in den Dörfern als Hebamme, Heilerin und bei allerlei Problemen. Durch die Hexenverfolgungen ging leider ein Grossteil des alten Wissens verloren.
Was ist nun eine Hexe in der heutigen Zeit?
Es ist eine Weltanschauung, eine Art zu leben! Geprägt wird die Lebensweise von einer tiefen Naturverbundenheit (im Einklang mit der Natur leben) bzw. die Verehrung der Natur, von Ganzheitlichem Denken im Sinne von Miteinander und Teil des Ganzen sein, von Selbstverantwortung und Selbstständigkeit, vom Prinzip der Dualität im Sinne von Gut und Böse. Alles beherbergt gleichzeitig beide Aspekte. Nichts ist rein gut oder rein böse. Ein Ende ist auch gleichzeitig ein Anfang von etwas, alles hat Licht- und Schattenseiten. Ich bin bewusst nicht näher auf religiöse Einstellungen eingegangen, da es hier sehr starke Unterschiede gibt. Eine Hexe kann einer Religion zB. Wicca, Druidentum, Asatru etc. angehören, muss aber nicht.
Leider ist das Hexesein im Moment total in. Aber nackt in der Gegend rum zu rennen, irgendwelche «Göttinnen» anzurufen, haufenweise Rituale aus Büchern zu befolgen und am Wochenende noch ein wenig auf «Feng-Shui» und «Reiki» machen, ist esoterischer Unfug und hat absolut nichts mit dem echten Hexentum zu tun. Solche Menschen haben ein Selbstwertproblem und wollen unbedingt elitär und wichtiger als andere Menschen sein, ganz nach dem Motto: Ätsch – ich bin Hexe und du nicht…
Um echte Hexe zu sein, muss man sehr intensiv arbeiten, und zwar nicht hin und wieder, sondern immer. Hexe zu sein ist eine Lebensart.